Thema: Alexithymie&Asperger, Zusammenhang?

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Alexithymie&Asperger, Zusammenhang?
04.06.2014 von wave

Vorstellung: wave, 1m90, 90kg Transsexuell.
Vor 65 Jahren riefen meine Eltern "aha, ein Junge" und ich war ein anspruchsloses pflegeleichtes Kind, solang ich meine Ruhe hatte, nicht gewaschen, geküsst, herumgezeigt wurde, nichts von mir erwartet wurde, die dauernde Präsenz von Eltern, Geschwistern und die häufigen Verwandtenbesuche empfand ich als Last. Schule war eine Quälerei, durch die mich meine Mutter, selbst Lehrerin, durchpresste. Hänseleien wegen Teilnahmslosigkeit, Wehrlosigkeit, Schwulsein, Femininität, und daraus resultierend Jähzorn.
War das meine Welt? Lehre, die entsetzlicheZeit beim Bundesheer (Wehrersatzdienst gab es noch nicht).
Alle hatten Spass, verliebten sich, und ich war ausgegrenzt, alleine gelassen mit wenigen schwulen, damals noch verbotenen Kontakten. Selbstmord war eine Option, Auswandern eine andere - nach Südafrika, unterstütztes Einwanderungsprogramm.
Natürlich nahm ich meine Eigenheiten und Probleme mit, aber ich hatte einen Zeitvorteil, niemand kannte mich und die Chance, mich auf die neue Umgebung und die Leute einzustellen, bevor man meine Schwächen ausnutzte, musste ich wahrnehmen. Der Erfolg war gemischt.
Privat war ich ein entsetzlicher Langweiler oder wenn es um ein Thema ging, das mir lag, ein heisser Diskustant, bis hin zum fachsimpelnden Monolog. Ein redegewandter Verkäufer hätte mir alles verkaufen können, hätte ich nicht, wie früher, als letzten Ausweg das Abschalten gehabt, dann war ich plötzlich weg, zugemacht, teilnahmslos und es gab keinen Abschluss.
Wenn es sich um eine Standpauke im Personalbüro handelte, war ich dann deshalb den Job los, eine Beschwerde von Kunden - Ende des Geschäfts. Jobs, bei denen es auf Teamfähigkeit ankam, waren nichts für mich.
In vielleicht etwas kontrollierter Form habe ich diese Eigenheiten heute noch.
Schreiben liegt mir besser, als ein direktes Gespräch, die Scheu fällt weg, das Tempo bestimme ich selbst, Aussteigen ist jederzeit möglich, man kann nahtlos später weitermachen.
Am besten kam ich als technischer Spezialist, als einzelner
Servicemensch durch, in kleinen Firmen, wo es nur den einen gab, als Elektriker, Kühltechniker, Maschinist auf Schiffen. Mit meiner Gabe, auch komplizierte technische Vorgänge zusammenhängend zu erfassen, mich als Teil der Maschine zu empfinden, war ich als junger Spund den Routiniers durch andere Vorgehensweise (und unbeirrte Sturheit) ebenbürtig und zuweilen viel schneller und vielleicht etwas unheimlich. Auf meine Methoden angesprochen, konnte ich das nicht einmal erklären, weil das für mich nicht mehr nachvollziehbare Vergangenheit war und wurde als unkooperativer
arroganter Egoist hingestellt, was ich nicht verstehen konnte. Über meinen Job hinausgehend interessierte ich mich für alle technischen Vorgänge im Betrieb, wenn ich dann jede Schraube kannte, war mein Interesse erloschen und ich suchte mir einen anderen Job. So bekam ich eine immer breiter gefächerte Erfahrung - nur technisch, die Bestrebungen in manchen Firmen, mich ins mittlere Management zu holen schlugen fehl, weil ich mit den Leuten nicht klarkam.
Auch mein Äusseres wurde bemängelt, weil ich langhaarig und salopp und zu sehr weiblich angehaucht daherkam.
Häufig auf sexuelle Orientierung befragt antwortete ich spasseshalber "lesbisch". Niemand brauchte sich je von mir sexuell bedrängt fühlen.

Heute lebe ich stundenweise täglich mit meiner pflegebedürftigen Mutter zusammen, ich sehe das als Funktion, die die Person, das Kochen, und den Haushalt umfasst und Unterhaltung, Gespräche persönliches, was mir mehr Schwierigkeiten macht. Glücklicherweise kennt mich meine Mutter und überfordert mich nicht, wenn sie nicht
gerade eine depressive Phase hat, und wenn, dann macht sie mich echt ratlos, mehr als meine blosse Gegenwart kann ich nicht anbieten.
Lieber würde ich ins Maisfeld verschwinden oder aufs Motorrad steigen - einfach fahren, fahren... oder segeln, alleine über den Atlantik, wie vor 30 Jahren auf dem eigenen Segelboot praktiziert, es war fast schade, dass ich nach drei Wochen in der Karibik oder 20 Jahre später am Rückweg auf den Azoren ankam. Oder auf den vielen Bootsüberführungen, wenn der Eigner sein Boot empfing. Davon träume ich, wenn ich warten muss, während langer Bahn
oder Flugreisen, Langeweile kenne ich nicht. Ich bin ganz, ganz weit weg...
Ein Mitmensch ist arm dran, sitzt neben mir - alleingelassen...
LG, wave

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